Besuch in Miercurea Ciuc
Manche Wochen kommen einem lang vor, manche gehen schnell vorbei – und eine Woche bei den "Brunopetchen" in Miercurea Ciuc ist immer viel zu kurz.
Aber fangen wir vorne an. Im Frühjahr machten sich wieder einmal einige Mitglieder der Tierfreunde auf den Weg in die rumänischen Karpaten nach Miercurea Ciuc. Eingerahmt von den Hügelketten des Ciuc-Gebirges, die uns auf der Autofahrt jedes Mal einige Geduld abverlangen, liegt hier unser befreundetes Tierheim vom Freundeskreis BrunoPet e.V.. (www.brunopet.de)
Schon viel erreicht
Der Freundeskreis BrunoPet betreibt dieses Tierheim bereits seit einigen Jahren gemeinsam mit einem dort ansässigen Tierschutzverein „Pro Animalia“ und hat die Haltung und Versorgung der Hunde in dieser Zeit enorm verbessert. Typisch rumänische Bedingungen wie Kettenhaltung, Unterbringung in engen Einzelzwingern uvm. konnten abgeschafft werden. Die medizinische Versorgung der Hunde wurde bereits enorm verbessert, auch wenn man hier aufgrund der örtlichen Gegebenheiten immer wieder vor schier unmöglichen Aufgaben steht.
400 Hunde auf begrenztem Raum
Wie fast überall im ausländischen Tierschutz ergeben sich die größten Probleme durch die ständige Überfüllung des Tierheims mit immer neuen Hunden, die beinahe täglich von Hundefängern "abgeliefert" werden. So leben zurzeit immer etwa 400 Hunde auf dem begrenzten Raum. Und dabei stehen die Vereine immer vor dem Problem, dass die örtlichen Behörden sich nur dann dazu bereit erklären, keine Hunde töten zu lassen, wenn dafür alle eingefangenen Hunde aufgenommen werden.
Kastration von großer Bedeutung
An dieser Stelle möchte ich einmal auf die absolute Wichtigkeit von Kastrationen hinweisen. Die Kastration herrenloser Hunde, aber auch von Hunden, die einen Besitzer haben, ist die einzige humane Möglichkeit, der andauernden Flut von immer wieder neuen Straßenhunden entgegenzuwirken. Auch deshalb betreibt der Freundeskreis BrunoPet eine fortwährende Aufklärungsarbeit vor Ort und führt gemeinsam mit dem Tierärztepool regelmäßig Kastrationsaktionen auch für Privatleute durch.
Die ständigen Überfüllung und die damit verbundenen Gefahren für die Gesundheit der Hunde vor Ort, ist einer der Gründe dafür, warum wir Tierfreunde immer wieder gut sozialisierte Hunde von dort nach Deutschland holen, um diesen bei uns ein tolles Leben zu ermöglichen und Platz für die dagebliebenen vor Ort zu schaffen.
Ein bisschen Prater auf der Reise muss sein
So, nun aber wieder zu unserer Reise. Wie kurz erwähnt verlangt die Fahrt uns doch immer einiges ab. Die Route von Münster über Passau nach Wien ist ein Katzensprung. Und da wir uns diesmal etwas Ruhe gönnen wollten, hatten wir kurzerhand ein Zimmerchen in Wien gebucht. Nach den ersten zehn Stunden Fahrt kam uns das auch sehr gelegen. Eingecheckt, geduscht und los zum Prater. Wenn man schon mal da ist…
Am nächsten Morgen ging es dann (eigentlich zu früh) weiter über Budapest nach Oradea. Sechs Stunden Autobahn sind kein Problem – aber dann… Zwei von uns wussten, was nun kommt. 400 Kilometer durch Transsilvanien und die Karpaten.
Nach rumänischer Autozeitrechnung bedeuten 400 km = acht bis neun Stunden. Aber auch die waren dann halb so wild. Es reiht sich ein Dorf ans andere, man erkennt dies und das wieder, überholt das ein oder andere Pferdegespann. Erzählt Geschichten, hört Hörbücher ("5 Hunde im Gepäck"; sehr zu empfehlen). Um 21 Uhr kamen wir dann in MC an.
Freudiges Wiedersehen
Wir es dann kaum erwarten endlich Sabine und Meli wieder zu sehen und natürlich deren Hunde Lunes, Ledi, Sky und Elli. Mit dem typischen und so geliebten Getöse der am Haus lebenden Hunde wurden wir ausgiebig begrüßt, und natürlich haben wir erstmal so gut es ging zurück gekuschelt. Der Tag stand dann auch nur im Zeichen all der so liebenswerten Vierbeiner. Es wurde begrüßt, bespaßt, gestreichelt, ein Rundgang durch das gesamte Tierheim gemacht und abends sitzt man mit strahlenden Augen am Essenstisch und ist – glücklich!
Eine Wahnsinnsaufgabe
Meli und Sabine vom Freundeskreis BrunoPet leiten das Tierheim vor Ort. Sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag. Wow, was für eine Aufgabe! Welche Eindrücke die beiden immer wieder erleben müssen. Freude und Leid liegen so oft so nah bei einander. Z.B. konnten wir bei diesem Besuch wieder erleben, wie es Schiele nach einer Darmoperation täglich besser ging (Welche Freude, als fünf Leute auf dem Vorplatz mit großen Augen endlich die ersten Produkte der wieder funktionierenden Verdauung bestaunen durften). Dann aber die Sorge um die kleine Nuria, die nach einer Erkrankung immer mehr abbaute (und wie wir mittlerweile wissen, dieser Erkrankung auch erlegen ist). Nach jeder Reise bleibt ein Gefühl von riesengroßem Respekt vor dem Leben und der Aufgabe, die die beiden von Tag zu Tag wieder annehmen und dabei so viel Gutes für ihre Schützlinge tun.
Mithelfen ist Ehrensache
Die nächsten Tage wurde dann einiges gewerkelt. Wir versuchten da zu helfen, wo es ging. Wir haben Stroh aus den Hütten der Hunde geholt und diese so gut es ging gesäubert. Witzigerweise hatten wir dieses Stroh auch bei unserem letzten Besuch zum Winter noch selbst verteilt. Also eigentlich nur unseren eigenen Dreck wieder aufgeräumt. (Mama wäre stolz gewesen!) Dann haben wir noch einige Spendenpaletten mit Decken, Handtüchern und Futter ausgepackt und sortiert. Hierbei kommen immer wieder tolle Fundstücke zum Vorschein, die natürlich auch anprobiert werden wollen. Lisa musste schon mit sich ringen, ihr rosa Bademantel-Modell wieder abzugeben.
Highlight Leckerchen-Runde
Immer wieder ein Highlight unserer Besuche ist dann die Leckerchen-Runde durchs Tierheim. Das sieht dann schon etwas anders aus als bei uns. Zu vier Leuten haben wir etwa eine halbe Stunde lang die Stangen ausgepackt, die wir in einer Schubkarre verladen durchs Tierheim gefahren haben. Dann kann man dann nach Herzenslust zugreifen und eine Handvoll ins Gehege werfen. Und ansehen, wie die geliebten Leckereien in Sekundenschnelle von den Hunden aufgesammelt werden.
Einfach nur die Hunde genießen...
Erstaunlich ist dann immer wieder zu sehen, dass die Haltung der Hunde in Gruppen doch so gut funktioniert. Nie gibt es größere Rangeleien. 400 Hunde und kaum Aggression zwischen den zusammen untergebrachten Tieren. Natürlich spielt auch hier die große Erfahrung von Sabine und Meli eine große Rolle, bei der Zusammenstellung der einzelnen Gruppen – aber Gruppenhaltung funktioniert.
Wir hatten wieder einmal Riesenglück mit dem Wetter 20 – 25° C und Sonne. So konnten wir die Nachmittage zwischen all den Hunden genießen und ein paar richtig tolle Tage unter Vierbeinern erleben. Wer wie wir Hunde liebt, für den gibt es nichts Schöneres als einfach auf dem Podest am Haus zwischen den tollsten Hunden der Welt zu liegen.
An den Abenden wurde gekocht, gegessen, gequatscht und Sabine und Meli mussten stundenlang all unsere Fragen zu allen Tieren beantworten. Wie ist Judy so? Seit wann ist Marten hier? Was gibt’s zu Samoa zu sagen? Wer ist der Hund in Zone 1 dritter Zwinger links? Und wer Zone 3, fünftes Gehege rechts?... Oh Mann, sind die beiden geduldig! Leider ging die Woche dann viel zu schnell um. So wenig Tage, so viele Hunde, wie soll man da alle genug besuchen? Es war wieder schön. Anders kann ich es nicht sagen. Für uns, die wir nur kurz da sind, nicht all die Kämpfe vor Ort durchstehen müssen, ist es einfach ein tolles Erlebnis.
Doch es bleibt der Gedanke, dass man nicht allen helfen können wird. Nur wenige dieser wundervollen Wesen werden ein Leben in Freiheit und Geborgenheit eines richtigen Zuhauses kennen lernen. Wir müssen weiter helfen. Denen, die so sehr den Menschen lieben und uns in Deutschland so treue Freunde und Begleiter sind und denen, die leider nicht für ein Leben in unserer Welt gemacht sind, dass sie vor Ort, beschützt und versorgt, nach ihren Bedürfnissen leben können.
Und es bleibt ein Satz aus dem erwähnten Hörspiel im Kopf: "Ein Hund, der weiß zu wem er gehört ist ein freier Hund."
Ingmar Karrie
Mehr Eindrücke von der Reise und von der Tierschutzarbeit gibt es in unsererBildergalerie.